Steigende Werbekosten im E-Commerce: Welche Rolle Klickbetrug spielt und wie Händler ihr Budget verteidigen

Die Werbeausgaben im E-Commerce haben 2024 neue Rekordwerte erreicht, während die Conversion-Raten vielerorts stagnieren oder sogar zurückgehen. Hinter dieser Diskrepanz verbirgt sich ein massives Problem, das Händler zunehmend vor finanzielle Herausforderungen stellt: Klickbetrug durch automatisierte Bots.

Die Werbeausgaben im E-Commerce haben 2024 neue Rekordwerte erreicht, während die Conversion-Raten vielerorts stagnieren oder sogar zurückgehen. Hinter dieser Diskrepanz verbirgt sich ein massives Problem, das Händler zunehmend vor finanzielle Herausforderungen stellt: Klickbetrug durch automatisierte Bots. Laut dem Imperva Bad Bot Report 2025 werden 59 Prozent des gesamten Traffics auf Retail-Websites von schadhaften Bots erzeugt. Diese Zahl macht deutlich, dass Online-Händler nicht nur gegen reale Wettbewerber kämpfen, sondern zunehmend gegen digitale Angreifer, die ihre Werbebudgets systematisch entwerten.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind beträchtlich. Wenn mehr als die Hälfte aller Website-Besucher keine potenziellen Käufer sind, sondern automatisierte Programme, entstehen massive Budgetverluste. Jeder Klick auf eine Werbeanzeige kostet Geld, unabhängig davon, ob ein Mensch oder ein Bot dahintersteht. Für E-Commerce-Unternehmen bedeutet dies, dass sie für Traffic bezahlen, der niemals zu Umsatz führen kann. Die durchschnittlichen Budgeteinsparungen durch effektive Klickbetrug-Vermeidung liegen bei 10 bis 15 Prozent, in besonders betroffenen Fällen können die Verluste jedoch deutlich höher ausfallen.

Die neue Dimension des Bot-Problems im E-Commerce

Der E-Commerce-Sektor erlebt 2024 eine fundamentale Verschiebung in der Bedrohungslandschaft. Die Analyse dokumentiert, dass der Anteil fortgeschrittener Bot-Angriffe im Einzelhandel von 52 Prozent im Jahr 2023 auf 59 Prozent im Jahr 2024 angestiegen ist. Diese Entwicklung zeigt, dass Angreifer ihre Methoden kontinuierlich verfeinern und zunehmend auf hochentwickelte Techniken setzen, die herkömmliche Schutzmechanismen umgehen können.

Besonders bemerkenswert ist die Rolle künstlicher Intelligenz in dieser Entwicklung. Laut dem Report hat automatisierter Traffic erstmals seit einem Jahrzehnt den von Menschen erzeugten Datenverkehr übertroffen und macht mittlerweile 51 Prozent des gesamten Internetverkehrs aus. Von diesem automatisierten Traffic entfallen 37 Prozent auf schadhafte Bots, ein signifikanter Anstieg gegenüber 32 Prozent im Vorjahr. Die Verfügbarkeit leistungsstarker KI-Tools wie ChatGPT, ByteSpider Bot und ClaudeBot ermöglicht es mittlerweile auch technisch weniger versierten Akteuren, Bot-Angriffe zu entwickeln und einzusetzen.

Die Konsequenzen für Online-Händler sind vielschichtig. Bot-Traffic führt nicht nur zu direkten finanziellen Verlusten durch verschwendete Werbeausgaben, sondern beeinträchtigt auch die Qualität von Marketing-Analysen. Wenn mehr als die Hälfte des Website-Traffics von Bots stammt, werden Kennzahlen wie Absprungraten, Verweildauer und Conversion-Funnel-Analysen systematisch verfälscht. Marketingverantwortliche treffen dann Entscheidungen auf Basis fehlerhafter Daten, was zu ineffizienten Budgetallokationen und verpassten Wachstumschancen führt.

Konkrete Angriffsszenarien und ihre finanziellen Auswirkungen

Die Methoden, mit denen Bots E-Commerce-Websites attackieren, sind vielfältig und zielen auf unterschiedliche Schwachstellen ab. Die Analyse identifiziert mehrere Hauptangriffsvektoren, die gemeinsam ein erhebliches finanzielles Risiko darstellen.

Data Scraping macht etwa 31 Prozent aller Bot-Angriffe aus. Hierbei extrahieren automatisierte Programme massenhaft Produktdaten, Preise und Bestandsinformationen von Online-Shops. Wettbewerber nutzen diese Informationen, um Preise zu unterbieten oder Sortimente zu kopieren. Für betroffene Händler bedeutet dies einen direkten Verlust an Wettbewerbsvorteilen und häufig auch sinkende Margen, wenn sie in Preiskämpfe gezwungen werden.

Payment Fraud, die zweithäufigste Angriffsform mit 26 Prozent, zielt direkt auf Checkout-Prozesse ab. Bots manipulieren Bezahlvorgänge, um betrügerische Transaktionen durchzuführen oder Werbeaktionen missbräuchlich zu nutzen. Die finanziellen Folgen sind unmittelbar: gestohlenes Geld, Chargebacks und beschädigte Kundenbeziehungen. Hinzu kommen erhöhte Kosten für Betrugsbekämpfung und Kundenservice.

Account Takeover-Angriffe machen etwa 12 Prozent der Bot-Aktivitäten aus und haben im Jahresvergleich um 40 Prozent zugenommen. Dabei übernehmen Bots durch Credential Stuffing legitime Kundenkonten. Die Angreifer nutzen gestohlene Zugangsdaten aus Datenlecks, um sich Zugang zu Kundenkonten zu verschaffen. Für Händler entstehen dadurch nicht nur direkte finanzielle Verluste durch betrügerische Bestellungen, sondern auch massive Reputationsschäden und Vertrauensverluste bei der Kundschaft.

Scalping, das etwa 11 Prozent der Angriffe ausmacht, betrifft besonders Händler mit limitierten Produkten oder zeitkritischen Angeboten. Bots kaufen oder reservieren große Mengen begehrter Artikel in Sekundenschnelle, bevor echte Kunden überhaupt die Chance haben zuzugreifen. Dies führt zu frustrierten Kunden, negativen Bewertungen und langfristig zu Kundenabwanderung.

Verschärfung durch KI-gestützte Angriffswerkzeuge

Die Integration künstlicher Intelligenz in Bot-Angriffe stellt eine neue Qualitätsstufe der Bedrohung dar. Die Daten zeigen, dass 2024 durchschnittlich zwei Millionen KI-gestützte Cyberangriffe pro Tag blockiert wurden. Diese Angriffe zeichnen sich durch eine deutlich höhere Sophistication und Anpassungsfähigkeit aus.

ByteSpider Bot, ein KI-gestütztes Tool, war 2024 für 54 Prozent aller KI-basierten Angriffe verantwortlich. Die weite Verbreitung dieser Tools senkt die Einstiegshürde für Angreifer dramatisch. Während früher umfassende technische Kenntnisse erforderlich waren, um effektive Bot-Angriffe durchzuführen, ermöglichen moderne KI-Tools auch Akteuren mit minimalem technischem Verständnis, komplexe Angriffe zu starten.

Diese Entwicklung erklärt auch den beobachteten Anstieg einfacher Bot-Angriffe von 40 Prozent im Jahr 2023 auf 45 Prozent im Jahr 2024. KI-Automatisierung macht es möglich, dass selbst grundlegende Bot-Angriffe in großem Umfang und mit hoher Frequenz durchgeführt werden können. Für E-Commerce-Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich nicht nur gegen hochspezialisierte Angreifer verteidigen müssen, sondern gegen eine breite Masse von Akteuren, die mit geringem Aufwand signifikanten Schaden anrichten können.

Die Bots lernen dabei aus gescheiterten Versuchen und passen ihre Strategien kontinuierlich an. Sie analysieren, welche Sicherheitsmaßnahmen zu ihrer Blockierung führten, und kehren mit verfeinerten Techniken zurück. Diese Anpassungsfähigkeit macht traditionelle, regelbasierte Schutzmechanismen zunehmend ineffektiv und erfordert dynamische, KI-gestützte Gegenmaßnahmen.

Versteckte Kosten durch verfälschte Marketing-Metriken

Neben den direkten finanziellen Verlusten durch verschwendete Werbeausgaben verursacht Bot-Traffic erhebliche indirekte Kosten durch die Verzerrung von Marketing-Kennzahlen. Wenn Entscheidungen auf falschen Daten basieren, multipliziert sich der Schaden.

Ein konkretes Beispiel aus der Praxis illustriert diese Problematik eindrucksvoll. Eine globale Personalagentur investierte mehrere hunderttausend Dollar in digitale Marketingkampagnen und verzeichnete hohen Traffic auf ihrer Website, aber praktisch keine Ergebnisse. Eine Analyse ergab, dass 83 Prozent des Website-Traffics von schadhaften Bots erzeugt wurde. Die Marketing-Analytics zeigten vermeintlich erfolgreiche Kampagnen, tatsächlich war jedoch fast der gesamte Traffic wertlos.

Für E-Commerce-Unternehmen hat diese Datenverfälschung weitreichende Konsequenzen. Conversion-Raten werden systematisch nach unten verzerrt, wenn der Nenner durch Bot-Besuche aufgebläht wird. Dies führt zu falschen Schlussfolgerungen über die Performance von Landing Pages, Produktseiten oder Checkout-Prozessen. Marketingverantwortliche optimieren dann möglicherweise Bereiche, die gar kein Problem darstellen, während echte Schwachstellen unentdeckt bleiben.

Auch die Budgetallokation zwischen verschiedenen Werbekanälen wird durch Bot-Traffic verfälscht. Wenn bestimmte Kampagnen überproportional von Bots angeklickt werden, erscheinen sie in der Analyse als besonders traffickstark, obwohl sie tatsächlich wenig qualifizierten Traffic generieren. Budgets werden dann in die falschen Kanäle umgeschichtet, was die Effizienz der gesamten Marketingstrategie untergräbt.

Die Customer Journey Analytics leidet ebenfalls unter Bot-Kontamination. Wenn Bots systematisch bestimmte Pfade durch die Website nehmen, verfälschen sie das Bild davon, wie echte Kunden sich verhalten und welche Touchpoints tatsächlich kaufentscheidend sind. Dies kann zu Fehlinvestitionen in Content, Design oder Funktionalität führen.

Strategien zur Verteidigung des Werbebudgets

Angesichts der Dimension und Komplexität der Bot-Bedrohung benötigen E-Commerce-Unternehmen einen mehrschichtigen Ansatz zur Verteidigung ihrer Werbebudgets. Verschiedene konkrete Maßnahmen haben sich als besonders relevant für die Reduktion von Klickbetrug erwiesen.

Die Risikoidentifikation steht am Anfang jeder effektiven Strategie. Händler müssen verstehen, welche Bereiche ihrer Website und welche Marketingaktivitäten besonders anfällig für Bot-Angriffe sind. Produktlaunches mit limitierten Mengen ziehen automatisierte Angreifer besonders an. Ebenso sind Login-Bereiche, Checkout-Formulare und Geschenkkartenfunktionen bevorzugte Angriffsziele. Die Identifikation dieser Schwachstellen ermöglicht eine gezielte Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen an kritischen Punkten.

Das Monitoring von Traffic-Mustern liefert wertvolle Hinweise auf Bot-Aktivität. Plötzliche, unerklärliche Traffic-Spiken, insbesondere auf spezifischen URLs, sind häufig Indikatoren für Bot-Angriffe. Auch ungewöhnlich hohe Absprungraten oder niedrige Conversion-Raten können auf nicht-menschlichen Traffic hindeuten. Die Definition einer Baseline für normales Traffic-Verhalten ermöglicht es, Anomalien schnell zu erkennen und darauf zu reagieren.

Der Einsatz spezialisierter Klickbetrug-Schutzsysteme ist unverzichtbar geworden. Traditionelle Maßnahmen wie einfache CAPTCHAs reichen nicht mehr aus, um hochentwickelte, KI-gestützte Bots zu stoppen. Moderne Lösungen wie Ads Defender nutzen maschinelles Lernen, Verhaltensanalyse und fortschrittliche Erkennungsmethoden, um zwischen echten Nutzern und Bots zu unterscheiden. Diese Systeme lernen kontinuierlich dazu und passen sich an neue Angriffsmethoden an, wodurch sie durchschnittlich 10 bis 15 Prozent der Werbebudgets einsparen können.

Ein dynamischer, ereignisbasierter Ansatz bei der Implementierung von Schutzmaßnahmen kann die Effektivität erhöhen. Statt alle Abwehrmechanismen permanent zu aktivieren, sollten bestimmte Techniken für kritische Momente reserviert werden, etwa Produktlaunches oder große Sale-Events. Nach dem Event können diese Maßnahmen wieder deaktiviert werden, was verhindert, dass Angreifer die Schutzmechanismen analysieren und Umgehungsstrategien entwickeln.

Die Awareness für globale Datenlecks und Credential-Dumps ist ebenfalls wichtig. Wenn große Mengen an Zugangsdaten im Darknet verfügbar werden, steigt das Risiko von Credential-Stuffing-Angriffen sprunghaft an. Multi-Faktor-Authentifizierung für Login-Bereiche, Bezahlvorgänge und Passwort-Resets bietet einen zusätzlichen Schutzwall gegen diese Angriffe.

Die kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Schutzmaßnahmen ist entscheidend. Bots entwickeln sich ständig weiter, und was heute funktioniert, kann morgen bereits unwirksam sein. Regelmäßige Audits der Bot-Aktivität, Analyse von Angriffsmustern und Anpassung der Sicherheitsstrategie sind notwendig, um dauerhaft geschützt zu bleiben.

Für E-Commerce-Unternehmen, die ihre Werbebudgets effektiv vor Klickbetrug schützen wollen, ist es unerlässlich, das Ausmaß des Problems zu erkennen und proaktiv zu handeln. Die aktuellen Zahlen machen deutlich, dass Bot-Traffic keine Randerscheinung ist, sondern eine zentrale Herausforderung für den gesamten Online-Handel darstellt. Mit den richtigen Strategien und Werkzeugen lassen sich jedoch erhebliche Budgeteinsparungen realisieren und gleichzeitig die Qualität der Marketing-Daten verbessern. In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt kann dies den entscheidenden Unterschied machen.

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